Führen am Limit

(Artikel)

Als Führungskraft kennen Sie Zeiten besonderer Belastung. Sie haben sich oder andere haben Ihnen zu viel „aufgehalst“, die „Zeit ist zu kurz“, von oben kommt Druck. Dazu kommt Ärger mit den Mitarbeitern, für die sie verantwortlich sind, komplexe Entscheidungen stehen an und zu allem Überfluss kochen noch Konflikte mit den Kindern hoch, Erwartungen Ihrer Partnerin/Ihres Partners sind unerfüllbar, …

Was hilft ihnen, unter Druck zu überleben? Wenn die Selbststeuerung noch funktioniert: Entscheidungen, die gerade in Zeiten großer Anspannung umgesetzt werden. Vier Entscheidungen, die für mich überlebenswichtig geworden sind:

  1. „Ich nehme mich selbst wahr.“
    Entgegen allen Sachzwängen: um den es geht, bin  ich. Ich lerne unter meine Oberfläche zu schauen und wahrzunehmen, was da im Inneren abläuft. Ich nehme mich ernst! Ich nehme meine Gefühle ernst, besonders die negativen. Denn die führen mich zu meinen Bedürfnissen und zu Dingen, die ich ändern kann. Und wenn ich genau hinschaue, erkenne ich innere Antreiber, die nicht (mehr) sinnvoll sind…
  2. „Ich weiß, wer ich bin!“
    Ich bin nicht Gott. Ich habe weder mein Leben, noch die anderen, noch die meisten Entwicklungen in der Hand. Muss ich auch nicht. Ich bin geschaffen, nehme die genialen Gaben an und begrüße auch die unbestreitbaren Grenzen. Ich habe Verantwortung und lasse anderen ihre. Und wenn ich geschaffen bin, dann habe ich einen Sinn, eine unverwechselbare Berufung, eine Bedeutung durch mein Sein. Ich muss meine Identität nicht suchen, wählen und kann sie nicht verlieren.
  3. „Ich tue, was mir gut tut.“
    Auch wenn Treffen mit Freunden, Bewegung in frischer Luft, die Zeit am Familientisch, Ruhezeit und Lesen am Abend, …  erfahrungsgemäß leicht aus der Tagesplanung verschwinden, ich entscheide mich: Ich streiche nicht, was mir Energie gibt! Ich lasse nicht, was mir gut tut! Ich drehe mir nicht die Energiezufuhr zu! Ich reduziere nicht den Schlaf, den stillen Moment für mich alleine, …   Meine Energiespender sind (oder werden!) feste Termine in meiner Agenda.
  4. „Ich werfe Ballast ab.“
    Was muss wirklich ich jetzt tun? Ich schreibe jedes einzelne auf eine Karte, breite die Karten vor mir aus und überprüfe: Was ist wirklich absolut notwendig? Muss ich das unbedingt tun? Was ist wirklich meine Verantwortung?  Und was will ich jetzt, was erst nächste Woche, erst nächsten Monat tun? Was kann ich ganz lassen? Eine Stunde, um Ballast loszuwerden. Erstaunlich, was dadurch passiert.
  5. „Ich eliminiere Energie-Räuber.“
    Was wirklich Kraft kostet, sind unabgeschlossene Konflikte, verdrängter Ärger, verletzte Gefühle und unbearbeitet Sorgen. Wie viel Energie wird auf diese Weise aus mir rausgesogen? Ich übernehme Verantwortung für meinen Energiehaushalt. Deshalb gehe ich dran an die identifizierte, eiternde Wunde. Ich spreche an, was brodelt. Ich kläre die Beziehung. Ich bitte um Verzeihung. Ich gehe an das Unangenehme dran.

Treffen sie ihre Entscheidungen und setzen sie sie um. Für viele ist Reflexion in einer Gruppe hilfreich. Manchmal ist die Entscheidung, sich mit kompetenten Leuten zu treffen und die Zeit für diese Treffen einzuplanen, leichter als es alleine zu versuchen.

Klaus Nieland, Eimeldingen

Andere gezielte Interventionen:
> Stressursachen identifizieren und reduzieren
> Schwierige Beziehungen angehen
> Konflikte bearbeiten
> Ballast abwerfen
> Sich selbst besser kennenlernen
> Gefühle wahrnehmen

Einen sehr guten und kompetenten Gesamtüberblick über die Thematik „Stress und Burnout“ liefert das Seminarheft von Dr. Med. Samuel Pfeifer, Leiter der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Riehen, Schweiz.